Arbeitsgruppe Precursorkeramik
Leitung: Dr. rer. nat. Günter Motz
Konzept
Seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts werden so genannte Precursoren (Vorstufen), oligomere und polymere Verbindungen meist auf der Basis von Silizium, zur Herstellung von Keramiken benutzt. Wesentliche Vorteil im Vergleich zu den pulverkeramischen Verfahren sind hierbei ihre kunststofftechnologische Verarbeitbarkeit und die niedrige Keramisierungstemperatur. Durch eine gezielte thermische Nachbehandlung lässt sich das Eigenschaftsprofil von polymer bis keramisch einstellen. Daher eignen sich Precursoren vor allem zur Herstellung thermisch und chemisch sehr beständiger polymerer und keramischer Beschichtungen, keramischer Fasern sowie keramischer Faserverbundwerkstoffe. Die Arbeiten am Lehrstuhl umfassen sowohl die Synthese, als auch die Charakterisierung und Verarbeitung von siliziumorganischen, keramisierbaren Precursoren. Schwerpunkt der Aktivitäten ist die maßgeschneiderte Herstellung nichtoxidischer SiCN-Polymere (Polysilazane), die speziell für die entsprechenden Anwendungen selbst synthetisiert und charakterisiert werden. Die weitere Prozesskette umfasst die Vernetzung zu Duromeren, die Pyrolyse zu amorphen Keramiken sowie deren Kristallisation verbunden mit der entsprechenden Eigenschaftscharakterisierung der so erhaltenen Materialien. Die hierfür notwendige sehr anspruchsvolle Grundlagenforschung erfolgt jedoch immer unter dem Aspekt der Übertragung der erzielten Ergebnisse auf konkrete Problemstellungen sowie die Erschließung neuer Anwendungsgebiete für diese Stoffklasse.
Forschungsgebiete
- Entwicklung von SiCN-PrecursorenEinklappen
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Durch die vielfältigen Einsatzgebiete ist es erforderlich Precursoren mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu entwickeln und zu synthetisieren. Für die Verarbeitbarkeit reichen die Anforderungen von sehr dünnflüssigen, mittels Katalysator vernetzbaren Precursoren für Infiltrationen bis zu festen, bei Temperaturen über 100 °C erweichenden und sehr gut verstreckbaren Thermoplasten. Nach der Formgebung ist zunächst die Umwandlung in ein Duroplast erforderlich. Dies kann durch den Einsatz bestimmter Katalysatoren, Initiatoren oder durch Bestrahlung erreicht werden. Zur Umwandlung des vernetzten Polymers in eine Keramik ist eine möglichst hohe keramische Ausbeute nach der Pyrolyse notwendig. Kleinere Precursormengen oder neue Polymere für Versuchszwecke werden im Labormaßstab selbst synthetisiert. Ansonsten wurden Strategien entwickelt, um kommerziell erhältliche Silazane der Fa. Merck KGaA (Darmstadt) durch einfache chemische Modifizierungen für die entsprechenden Anwendungen maßzuschneidern.
- Polymere SchichtenEinklappen
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Ein großer Vorteil der Herstellung keramischer Materialien aus Precursoren ist die Anwendbarkeit kunststofftechnischer Formgebungsmethoden. So lassen sich aus den festen, löslichen SiCN-Precursoren Lösungen herstellen, die sich hervorragend zum Beschichten einer Vielzahl von Substraten (Metalle, Keramiken, Glas, Kunststoffe) mit einfachen Verfahren aus der Lackiertechnik (Tauchen, Sprühen) eignen. Insbesondere auf Kunststoffen, Glas und Metallen mit oxidischer Oberfläche ist die Haftung der Precursorschichten hervorragend. Eine Modifizierung der noch polymeren, transparenten Schichten führt zu stark hydrophoben (Selbstreinigung) oder hydrophilen (Antibeschlag) Oberflächen.
- Keramische SchichtenEinklappen
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Durch eine entsprechende Temperaturbehandlung lässt sich der Keramisierungsgrad der Schichten stufenlos und auf die jeweilige Anwendung abgestimmt einstellen. Daher können derartige dünne Schichten zum Oxidations- und Korrosionsschutz von Kupfer und Stahl oder anderen Metallen genutzt werden. Bei der Entwicklung dicker Schichten muss darauf geachtet werden, dass die Schrumpfung der Precursorschicht während der Keramisierung verringert wird und unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten zwischen Schicht und Substrat angepasst werden. Die Schrumpfung der Schicht lässt sich durch das Einbringen von passiven Füllstoffen, vor allem Keramik- und Glaspartikeln verringern. Dadurch lassen sich Schichtdicken von über 100 µm realisieren. Ein anders Konzept stellt die Verwendung von aktiven Füllstoffen dar. Diese reagieren während der Precursorpyrolyse mit der Atmosphäre oder gasförmigen Abspaltungsprodukten des Precusors, was zu einer Expansion der Füllstoffpartikel führt, die die Schrumpfung des Precursors kompensiert. Die resultierenden Kompositschichten sind als Oxidations- und Korrosionsschutz z. B. für Wärmetauscher in Kraftwerken und als thermische Isolationsschicht in Auspuffanlagen oder Turbinen geeignet.
- Keramische SiCN-FasernEinklappen
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Zur Verstärkung keramischer Faserverbundwerkstoffe werden nach wie vor hauptsächlich Kohlenstofffasern eingesetzt. Diese zeichnen sich durch ihre hervorragenden mechanischen Kennwerte und ihre Temperaturstabilität aus, die jedoch nur in Inertgasatmosphäre gewährleistet ist, da bereits ab 400 °C eine merkliche Oxidation einsetzt. Es wurden daher große Anstrengungen unternommen oxidationsstabile keramische Oxid- und Nichtoxidfasern zu entwickeln und herzustellen. Für Einsatztemperaturen oberhalb von 1.300 °C eignen sich jedoch nur nichtoxidische Keramikfasern. Qualitativ hochwertige sauerstofffreie SiC-Keramikfasern sind nicht unter einem Preis von 3.000 €/kg erhältlich, so dass der hohe Faserpreis auch ein wesentlicher Nachteil für die Verbreitung keramischer Faserverbundwerkstoffe (CMCs) ist. Daher wurde in den letzten Jahren ein Verfahrensweg zur Herstellung von keramischen SiCN-Fasern auf Basis modifizierter kommerziell erhältlicher Polysilazane entwickelt, der zu preisgünstigeren Keramikfasern führt. Nach dem Schmelzspinnen, Härten mittels Elektronenstrahl und Keramisierung werden SiCN-Keramikfasern mit einem variierbaren Durchmesser von 10 bis 120 µm erhalten.
- Poröse katalytisch aktive KeramikenEinklappen
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Funktionelle Gruppen der Polysilazane können genutzt werden, um Metallkomplexe an das Polymergerüst chemisch anzubinden. Werden die Metall-modifizierten Precursoren aktiv aufgeschäumt oder mit Porenbildnern (z.B. PE, PP, PS) kombiniert, bildet sich während der Pyrolyse eine chemisch und thermisch sehr stabile poröse, katalytisch aktive Keramik. Hierbei können eine Vielzahl von unterschiedlichen Metallen eingesetzt werden, so dass derartige Materialien für unterschiedlichste Katalysen verwendbar sind. Diese Forschungen erfolgen in Kooperation mit dem Lehrstuhl Anorganische Chemie II (Prof. Dr. Rhett Kempe) der Universität Bayreuth.
- Weitere ForschungsgebieteEinklappen
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- Entwicklung neuartiger Refraktärmetall-Keramik-Komposite
- Entwicklung von Hybridpolymeren aus Silazanen mit organischen Polymeren wie PC, PS, PAN
- Alternative Pyrolysemethoden mittels Plasma und Laser